EINE NASE IST ZUM RIECHEN DA!
Wie
finden
Singvögel
das
Futterhaus?
Wie
orientieren
sie
sich?
Welche
Sinne
setzen
sie
dazu
ein?
Augen,
Nase
oder
beides?
Wie
Vögel
den
Weg
zurück
zu
einer
Futterstelle
finden,
untersuchte
ein
Forschungsteam
des
Konrad-Lorenz-Instituts
für
Vergleichende
Verhaltens-
forschung der Vetmeduni Wien in einer aktuellen Studie.
Bisher
wurde
angenommen,
dass
bei
der
Orientierung
der
Geruchssinn
eine
untergeordnete
Rolle
spielt.
Die
neuen
Erkenntnisse
unterstreichen
aber,
dass
auch
bei
Vögeln
der
Geruchssinn
wichtiger
für
die
Orientierung
ist
als
bisher
angenommen.
Für
weiterführende
Informationen
hat
der
MÜRZPANTHER
bei
der
Studienautorin
Dr.
Katharina
Mahr
vom
Konrad-Lorenz-Institut
für
Vergleichende
Verhaltensforschung
der
Vetmeduni
Wien
nachgefragt.
ACHTUNG! Dieser Artikel enthält folgende Ausdrücke:
Vögel haben keine deutlich erkennbare „bewegliche“ Nase - so wie viele Säugetiere.
Die Ausgangssituation
…
Bisher
hat
man
angenommen,
dass
Vögel
nicht
sehr
gut
und
wenn
nur
sehr
wenig
riechen,
da
sie
kein
Verhalten
zeigen,
das
darauf
hinweist.
So
sieht
man
einen
Vogel
nie
„schnuppern“,
wie
Hunde
das
beispielsweise
tun.
Vermutlich
wäre
diese
Verhaltensweise
auch
schwer
zuzuordnen
da
Vögel
keine
deutlich
erkennbare
„bewegliche“
Nase
so
wie
viele
Säugetiere
haben.
Frühere
Studien
belegen,
dass
auch
die
anatomischen
Strukturen,
die
für
die
Wahr-
nehmung
und
die
neurologische
Verarbeitung
von
Geruch
und
olfaktorischen
Stimuli
notwen-
dig
sind,
zwar
durchaus
vorhanden
sind,
jedoch
nur
wenig
ausgeprägt
erscheinen.
So
haben
Singvögel
trotz
einer
ähnlichen
Größe
einen
viel
kleineren
Bulbus
olfactorius
als
Nagetiere.
Basierend
auf
dieser
Annahme
ging
man
davon
aus,
dass
für
Vögel
visuelle
oder
akustische
Reize eher im Vordergrund stehen.
Zunächst
müssen
wir
aber
die
Frage
klären:
wie
riechen
Vögel
überhaupt?
Und
gibt
es
strukturelle
Ähnlichkeiten
zum
menschlichen
Geruchssinn?
Durchaus!
Die
durch
paarig
angelegte
Nasenlöcher
eingeatmete
Luft
gelangt
in
die
Nasenhöhle,
die
in
drei
Nasenmuscheln
unterteilt
ist.
In
der
dritten
Nasenmuschel
befindet
sich
das
eigentliche
Geruchsorgan,
das
von
einem
Riechepithel
bedeckt
wird.
Durch
eine
Einstülpung
wird
die
Oberfläche
für
die
Geruchsrezeptoren
noch
vergrößert.
Hier
gibt
es
jedoch
deutliche
Unterschiede
zwischen
den
Vogelarten.
Wie
auch
beim
Menschen
binden
sich
die
Duftmoleküle
aus
der
Luft
an
spezifische
Rezeptormoleküle,
die
Aktionspotentiale
in
weiterleitenden
Nerven
auslösen
und
zum
Riechkolben,
dem
bulbus
olfaktorius,
gelangen.
Von dort aus werden die Informationen vom Gehirn verarbeitet.
olfaktorische Orientierung
Einigen Zugvogelarten steht auch ein „magnetischer Kompass“ zur Verfügung.
Ergebnisse bisheriger Studien …
Schon
in
den
1970er
Jahren
stellte
man
fest,
dass
ein
Zusammenhang
zwischen
der
Fähigkeit
zur
Geruchswahrnehmung
und
der
Größe
des
Riechkolbens
besteht.
In
den
letzten
60
Jahren
hat
die
Studienlage
gezeigt,
dass
manche
Arten
erstaunlich
gut
riechen
und
wahrscheinlich
sehr
subtile
und
komplexe
Gerüche
wahrnehmen
und
als
„Informations-
quelle“
nutzen.
Dabei
hängt
die
Stellung
des
Geruchssinnes
im
Leben
eines
Vogels
sehr
stark
von
der
Art
und
dem
Kontext
(z.B.
Futtersuche,
Orientierung,
Partnerwahl)
ab.
Besonders
hervorzuheben
ist
hierbei
die
Stellung
von
Tauben,
die
teilweise
über
Jahrhunderte
auf
ihre
Fähigkeit
zu
Navigieren
gezüchtet
wurden.
In
einem
berühmten
Versuch
zeigte
Floriano
Papi
(1971),
dass
Tauben,
deren
Riechnerv
durchtrennt
wurde
nicht
mehr
in
den
Taubenschlag
zurückfanden.
Dieser
Versuch
stellte
die
„geruchlosen“
Vögel
plötzlich
in
einem
neuen
Licht
dar und ebnete den Weg für viele Folgestudien.
Die
Größe
des
Riechkolbens
in
Relation
zu
der
Größe
des
übrigen
Gehirns
kann
als
Index
für
den
Umfang
der
Geruchskapazitäten
in
den
Vogelarten
verwendet
werden
–
wenngleich
bei
bei
Sperlingsvögeln
noch
keine
direkte
Korrelation
zwischen
der
Geruchsschärfe
und
der
relativen
Größe
des
Riechkolbens
nachgewiesen
wurde.
Sie
besitzen
zudem
einen
sehr
kleinen Riechkolben, wie Forschungen bereits in den 1960er Jahren ergeben haben.
Aber
in
welchem
Umfang
nutzen
diese
die
Geruchseindrücke,
um
an
ihre
Futterstellen
zu
gelangen?
Um
dieser
Frage
nachzugehen,
wurden
einige
Vögel
gefangen.
In
einer
Studie
der
Vetmed
Uni
Wien
aus
2022
hält
Herbert
Hoi
vom
Konrad-Lorenz-Institut
für
Vergleichende
Verhaltensforschung
fest:
„Insbesondere
für
Arten
wie
Kohlmeisen,
die
im
Winter
oft
in
den
Brutgebieten
bleiben,
könnte
die
Orientierung
und
Navigation
mittels
Geruchs
helfen,
die
Nahrungssuche
in
Zeiten
mit
wenig
Futterangebot,
also
beispielsweise
im
Winter,
zu
optimieren“.
Ähnlich
verhält
es
sich
mit
der
„olfaktorischen
Orientierung“.
Viele
wildleb-
ende
Vögel
nutzen
bestimmte
Anhaltspunkte
in
der
Umgebung
und
am
Himmel
(z.B.
Sonne,
Sterne) und einigen Zugvogelarten steht auch ein „magnetischer Kompass“ zur Verfügung.
Kohlmeisen wurden an 3 Futterstellen gefangen mit Farbringen markiert.
Warum Kohlmeisen?
Überwinternde
Kohlmeisen
haben
vermutlich
eine
Reviergröße
von
etwa
5
ha
und
es
gibt
Hinweise
darauf,
dass
Tiere
aus
Populationen,
die
über
den
Winter
in
ihren
Brutgebieten
bleiben,
eine
hohe
Standorttreue
aufweisen
und
zu
ihren
lokalen
Futterplätzen
zurück-
kehren.
In
Anbetracht
der
hohen
Territorialität
und
der
zuvor
nachgewiesenen
hohen
Rück-
kehrrate
zu
den
Winterfutterplätzen
nach
einer
versuchten
Umsiedlung
könnte
man
ver-
muten,
dass
diese
Art
in
hohem
Maße
auf
künstliche
Futterstellen
als
Überwinterungsstrate-
gie angewiesen ist.
Wie sah die Versuchsanordnung aus?
Kohlmeisen
wurden
an
3
Futterstellen
gefangen
mit
Farbringen
markiert
und
deren
Nasenhöhlen
wurden
mit
Zinksulfat
oder
destilliertem
Wasser
gespült.
Zinksulfat
führt
zu
einem
vorübergehenden
Verlust
des
Geruchssinnes,
ohne
die
Nervenzellen
zu
schädigen!
Der
normale
Geruchssinn
ist
nach
wenigen
Tagen
wieder
vollständig
hergestellt.
Das
destillierte
Wasser
sollte
keine
langfristigen
oder
schädlichen
Veränderung
hervorrufen.
Diese
Behandlung
ist
notwendig
um
das
Verhalten
der
Vögel
ohne
Geruchssinn
mit
Tieren
mit
intakter
Wahrnehmung
vergleichen
zu
können.
Die
Vögel
wurden
dann
sofort
in
der
Nähe
der
Futterstellen
ausgelassen
–
manche
in
der
unmittelbaren
Nähe,
andere
in
einer
Distanz
von
etwa
1500
m.
Sie
wurden
beobachtet,
um
eventuelle
Effekte
auf
das
Verhalten
feststellen
zu
können
und
sicherzugehen,
dass
die
Behandlung
keine
schwerwiegenden
Irritationen
verursacht
hatte.
Danach
wurde
die
Aktivität
an
den
Futterstellen
dokumentiert
und aufgeschrieben, wann welche Individuen zurückkehrten.
Welche Schlüsse können aus der Studie gezogen werden?
Sowohl
die
Kohlmeisen
mit
reduziertem
Geruchssinn,
als
auch
solche
mit
normalem
Geruchssinn
fanden
zu
den
Futterstellen
zurück.
"
Dieses
Ergebnis
hat
uns
zunächst
nicht
überrascht,
da
wir
die
Tiere
bewusst
innerhalb
ihrer
vertrauten
Umgebung
wieder
ausgelassen
haben,
"
erklärt
Katharina
Mahr.
Vögel
mit
verminderter
Geruchswahrnehmung
benötigten
mehr
Zeit,
um
zu
den
Winterfutterplätzen
zurückzukehren.
Dieser
Effekt
wurde
umso
deutlicher,
je
größer
die
Entfernung
zwischen
dem
Freilassungs-
und
dem
Fangplatz
war.
Unsere
Ergebnisse
deuten
darauf
hin,
dass
Geruch
zusätzlich
zu
visuellen
Orientierungspunkten
Vögeln
helfen
könnte,
die
Informationen,
die
sie
über
ihre
Umgebung
erhalten,
zu
maximieren
und
so
die
Orientierung
zu
optimieren.
Spezifische
olfaktorische
Hinweise
in
vertrauten
Umgebungen
könnten
als
zuverlässige
Informationsquelle
dienen,
um
sich
bestimmte
Punkte
in
der
Landschaft
einzuprägen
und
z.
B.
Schlafplätze,
Gebiete
mit
hohem Nahrungsangebot schneller aufzufinden.
Insbesondere
bei
Arten
wie
Kohlmeisen,
die
im
Winter
oft
in
ihren
Brutgebieten
bleiben,
könnte
die
olfaktorische
Orientierung
und
Navigation
die
Effizienz
bei
der
Nahrungssuche
in
Zeiten
begrenzter
Ressourcen
(z.
B.
im
Winter)
steigern.
„Die
Ergebnisse
unserer
Studie
zeigen,
dass
der
Geruchssinn
bei
der
Orientierung
von
Singvögeln
von
größerer
Bedeutung
sein
könnte
als
bisher
angenommen.“
resümiert
Katharina
Mahr
und
fügt
noch
hinzu:
„
Der
Versuch
war
nicht
darauf
ausgerichtet
mögliche
Verbesserungsmaßnahmen
der
Winterfütterung
zu
testen,
jedoch
kann
allgemein
immer
geraten
werden
diverses
Futter
anzubieten.
Futterplätze
sollten
sich
an
sicheren
Orten
befinden
(z.B.
nicht
von
der
Katze
erreichbar)
und
im
besten
Falle
sollten
sich
die
Vögel
auf
eine
regelmäßige
Fütterung
am
gleichen Ort verlassen können.“
Die
Kohlmeise
(Parus
major)
ist
eine
weit
verbreitete
Sing-
vogelart,
die
im
Winter
ein
gern
gesehener
Gast
an
den
heim-
ischen
Futterstellen
ist.
Daher
steht
diese
im
Mittelpunkt
einer
soeben
veröffentlichten
Studie,
in
der
ein
Team
prüfte,
ob
Kohl-
meisen
Gerüche
aus
der
Umwelt
nutzen,
um
an
Futterstellen
zurückzufinden. Foto: pixabay
Auch
Eichhörnchen
bedienen
sich
gerne
bei
Vogelhäuschen,
die
Nagetiere
freuen
sich
über
Haselnüsse
und
Walnüsse,
aber
auch
über
gewöhnliches
Vogelfutter.
Eichhörnchen
lieben
die
Sonnenblu-
menkerne
aus
dem
Vogelhäuschen,
weil
sie
besonders
viel
Energie
liefern. Foto: pixabay
Spezifische olfaktorische Hinweise könnten als zuverlässige Informationsquelle dienen.
Neben
der
Art
des
Futters
ist
es
auch
wichtig,
die
Vögel
rechtzeitig
im
Jahr
durch
Befüllen
der
Futterhäuschen
an
diese
zu
gewöhnen.
Damit
sie in Zeiten der Futterknappheit nicht erst zu suchen anfangen müssen.
Foto:
der MÜRZPANTHER
clipart: pixabay, Montage: der MÜRZPANTHER