der muerzpanther
MODERNER DENKMALSCHUTZ - WICHTIG FÜR ALLE! " Der   Denkmalschutz   bewegt   sich   in   einem   vermeintlichen   Spannungsfeld:   Auf   der   einen   Seite   ist   es   seine Aufgabe,   unser   kulturelles   Erbe   zu   bewahren,   auf   der   anderen   Seite   muss   das   auf   eine Art   und   Weise   passieren, die   eine   lebendige   und   moderne   Nutzung   und   Weiterentwicklung   des   Bestands   erlaubt.“    sagt   Kunst-   und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer. Was   aber   bedeutet   in   Hinblick   auf   den   Schutz   von   Gebäuden   eine   moderne   Nutzung?   Unter   „moderner   Nutzung“ ist   sicherlich   nicht   ein   höchst   zögerlicher   Umgang   mit   fragwürdigen   Konzepten   zu   verstehen,   deren   Initiatoren der Allgemeinheit   aus   Eigennutz   ein   Gebäude   vorenthalten.   Ohne   weitgehende   und   tiefgreifende   Investitionen   - die   gewiss   bei   Baudenkmälern   sehr   hoch   sein   können   -   beinhaltet   das   neben   dem   fortschreitenden   Verfall   des baulichen   Zustands   auch   eine   zeitliche   Komponente,   wenn   sie   sich   auf   lediglich   zwei   bis   drei   Wochen   der Nutzung   im   Jahr   erstreckt.   Von   einer   allgemeinen   Nutzung   und   Weiterentwicklung    ist   hier   noch   gar   nicht   die Rede!   Anhand   eines   Beispiels   in   Bad   Goisern,   Oberösterreich,   kann   man   sich   darüber   Gedanken   machen.   Die   in Besitz   der   Bundesforste   (eine Aktiengesellschaft   im Alleineigentum   der   Republik   Österreich)   stehende   Chorinsky- klause   wurde   vor   kurzem   in   Zusammenarbeit   mit   dem   Österreichischen   Bundesdenkmalamt   revitalisiert.   Dazu waren Investitionen in Höhe von rund 300.000 Euro nötig. Derzeit   stehen   in   Österreich   39.000   unbewegliche   Objekte   rechtskräftig   unter   Denkmalschutz,   alleine   in   der Steiermark   gibt   es   annähernd   5000   Objekte.   Davon   ist   circa   je   ein   Drittel   im   Eigentum   von   Privaten,   von Religionsgemeinschaften   sowie   von   Firmen,   Stiftungen   und   öffentlichen   Körperschaften   -   also   13.000   denkmal- geschützte   Immobilien   ausschließlich   in   privater   Eigentümerschaft.   Die   Privatpersonen   sind   meist   mit   großem persönlichen und finanziellen Engagement dabei, um für die Allgemeinheit Kulturgut zu erhalten und zu öffnen. Wie   der   Weg   zum   Erhalt   und   für   eine   öffentliche   und   moderne   Nutzung   aussieht   und   vielen   anderen   Fragen   ging der    MÜRZPANTHER    anhand    der    Chorinskyklause    gewissenhaft    nach    und    hat    eine    Interviewanfrage    an    den Präsident   des   Bundesdenkmalamtes   Dr.iur.   Christoph   Bazil   mit   Sitz   in   Wien   und   den   ÖBf-Vorstand   für   Finanzen und   Immobilien   Georg   Schöppl   gestellt.   Die   in Abgleich   beantworteten   Fragen   wurden   mir   von   Mag.   Stefan   Gron vom   Referat   Öffentlichkeitsarbeit   des   BdA   und Andrea   Kaltenegger,   Leitung   Kommunikation   &   Marketing   von   den ÖBf übermittelt.
 NACH OBEN NACH OBEN
Der   Ausgangspunkt   der   Betrachtung   ist   die   im   Vorjahr   abgeschlossene   Sanierung   der   Chorinskyklause,   eine   aus Kaiserzeiten   stammende   Holzdriftanlage,   im   Goiserer   Weißenbachtal   durch   die   Bundesforste   und   das   Bundes- denkmalamt.   Bedeutende   historische   Kulturjuwele   wie   die   Chorinskyklause   wollen   wir   in   ihrem   ursprünglichen Erscheinungsbild   bewahren   und   restaurieren,   um   sie   auch   für   zukünftige   Generationen   zu   erhalten “,   so   Georg Schöppl.   Die   Bundesforste   sind   nicht   nur   der   größte   Naturraumbewirtschafter   des   Landes,   sondern   auch   einer der   größten   Immobilienbewirtschafter   Österreichs.   Insgesamt   rund   90   der   betreuten   Gebäude   stehen   unter Denkmalschutz.   Das   kostet   Geld.   Die   Bundesforste   haben   innerhalb   der   vergangenen   zehn   Jahre   insgesamt   rund 4,6   Millionen   Euro   alleine   in   die   Sanierung   und   Instandhaltung   der   40   denkmalgeschützten   Gebäude   in   Ober- österreich  investiert. dMP: Renovieren die Bundesforste Gebäude und verkaufen oder vermieten sie diese dann auch? Andrea   Kaltenegger:   Die   Bundesforste   sanieren   Gebäude,   um   sie   zu   erhalten.   Diese   können   dann   vermietet werden   oder   wir   nutzen   sie   selbst   zB   als   Büroräumlichkeit.   Damit   bewahren   wir   nachhaltig   die   bestehende Substanz und heben gleichzeitig die Wertschöpfung. dMP:   Ein   Beispiel   ist   die   Jagdvilla   Langbathsee   -   wie   hoch   ist   die   Pacht   für   dieses   Objekt?   Wie   groß   ist   die Nutzfläche? Andrea   Kaltenegger:   Die   Jagdvilla   am   Langbathsee   wird   nicht   mehr   dauerhaft   vermietet,   sondern   soll   für   kultur- elle   und   privaten   Veranstaltungen   genutzt   werden   und   so   auch   der   Öffentlichkeit   zugänglich   gemacht   werden. Die Nutzfläche beträgt rund 410m². dMP:   Erwarten   Sie   durch   die   Revitalisierung   der   Klause   auch   eine   höhere   Sensibilität   für   denkmalgeschützte Gebäude in der Öffentlichkeit? Und damit auch eine Steigerung der Wertschätzung für „alte“ Objekte? Stefan   Gron:   Wir   sind   davon   überzeugt,   dass   die   Revitalisierung   von   historischen   Objekten   –   das   können   Gebäu- de,   Skulpturen   aber   auch   Maschinen   und   technische   Konstruktionen   sein   –   dazu   führt,   dass   unser   kulturelles   Erbe in   Österreich   als   „erhaltenswert“   geschätzt   wird.   Es   ist   in   Zeiten   des   Klimawandels   auch   ein   Zeichen   für   Nachhal- tigkeit, bestehende Substanz zu erhalten und sich über aktuelle Nutzungsmöglichkeiten Gedanken zu machen. Andrea   Kaltenegger:   Wir   wollten   die   historische   Anlage   und   ihre   wechselhafte   Geschichte   für   die   Öffentlichkeit erlebbar   machen   und   bieten   unter   anderem   Führungen   für   Schulen   und   Vereine   an.   Unsere   Erfahrung   ist   schon jetzt, dass unser Programm gut in der Region angenommen wird. dMP:   Baudenkmale   wie   die   Chorinskyklause   sind   herausragende   Zeugnisse   unserer   Geschichte.   Dank   der intensiven   Kooperation   mit   den   Bundesforsten   bleibt   dieses   ...   Denkmal   bestehen   ...“    Heißt   das   im   Um- kehrschluss, dass es Gebäude gibt, die nicht erhalten werden können und dem Verfall preisgegeben sind? Andrea   Kaltenegger:   Die   Bundesforste   investieren   laufend   in   die   Instandhaltung   ihrer   Gebäude,   insbesondere jener,   die   unter   Denkmalschutz   stehen.   Neben   der   Renovierung   der   Chorinskyklause   wurde   in   den   vergangenen Jahren   etwa   das   alte   Schulgebäude   in   der   Walster   am   Hubertussee   (StmK)   saniert   und   kann   jetzt   als   Ferienhaus genutzt werden. Stefan   Gron:   Es   ist   die   Realität:   Wir   können   (und   wollen)   nicht   ganz   Österreich   unter   einen   Glassturz   stellen.   Das Denkmalschutzgesetz   bezieht   sich   auf   den   besonders   bedeutenden   Teil   unseres   baukulturellen   Erbes.   Darüber hinaus    gibt    es    etwa    im    Rahmen    des    Ortsbildschutzes,    der    Flächenwidmung    und    der    Bauordnungen    auch Verantwortung   auf   Ebene   der   Länder   und   der   Gemeinden,   sowie   letztlich   eine   gesellschaftliche   Verantwortung um   unsere   gebaute   Umwelt   von   uns   allen.   Das   Bundesdenkmalamt   erhält   mit   vielen   anderen   engagierten Menschen   einen   bestimmten Teil,   die   nachhaltigen   Lösungen   die   wir   hier   gemeinsam   finden,   sollen   auch   für   jene Bauten Orientierung geben, die vielleicht weniger bedeutend, aber dennoch beachtenswert sind.  
dMP:   Wenn   Sie   sagen   „von   uns   allen“,   ist   es   für   das   BdA   von   Bedeutung,   in   wessen   Besitz   ein   denkmal- geschütztes   Gebäude   ist,   oder   interessiert   vielmehr   der   Erhaltungszustand   und   ist   die   Nutzbarkeit   für   die Öffentlichkeit eines solchen ein Kriterium für das BdA? Stefan   Gron:   Für   das   BDA   hat   es   keine   Relevanz,   WER   Eigentümer   bzw.   Eigentümerin   ist.   Der   Erhaltungszustand eines   Objekts   ist   insoweit   wesentlich,   weil   es   im   Denkmalschutz   um   die   Erhaltung   der   bedeutenden   Substanz   geht.   Das   heißt   nicht,   dass   Denkmale   immer   unverändert   sein   müssen:   Es   sind   oft   „überschichtete   Denkmäler“, die   nicht   aus   einem   Guss   erbaut   sind,   sondern   über   Jahrhunderte   historisch   gewachsen   sind. Auch   das   kann   eine Denkmalqualität sein, dass Objekte eine Nutzungskontinuität über Jahrhunderte mitbringen. dMP:    In   diesem   Zusammenhang:   Wie   sehen   Sie   das   Engagement   von   Privaten   und   nicht   öffentlichen   Stellen für den Erhalt von denkmalgeschützten Gebäuden in Österreich? Stefan   Gron:   Das   Engagement   von   Privatpersonen   ist   für   uns   sehr   wesentlich.   In   Österreich   stehen   fast   40.000 Bauten   unter   Denkmalschutz.   In   jeder   Gemeinde   steht   zumindest   ein   denkmalgeschütztes   Objekt.   Ohne   das Engagement   der   privaten   Eigentümer,   aber   auch   vieler   zivilgesellschaftlicher   Initiativen   könnten   diese   Denkmale kaum    erhalten    werden.    Durch    das    Engagement    wird    einerseits    das    öffentliche    Interesse    am    Erhalt    von Kulturgütern   in   Österreich   bekundet   und   oft   auch   mit   viel   Herzblut   die   Bereitstellung   der   finanziellen   Mittel   für Restaurierungsmaßnahmen, Bauforschung und dergleichen in die Wege geleitet. dMP:   Insgesamt   haben   die   Bundesforste   über   230.000   Euro   für   die   Sanierung   der   Chorinskyklause   aufge- wendet.   Weitere   rund   60.000   Euro   wurden   durch   eine   Förderung   des   Bundesdenkmalamtes   eingebracht. Welche Arbeiten mussten neben der Photovoltaikanlage noch im Klauswärterhaus durchgeführt werden? Andrea   Kaltenegger:   Wir   haben   das   Klauswärterhaus   im   Laufe   der   vergangenen   Jahre   schrittweise   saniert.   So wurde   etwa   das   Dach   instandgesetzt,   die   Fenster   und   Fensterläden   restauriert,   der   Kamin   und   die   Außentür denkmalgerecht   erneuert.   Der   Aufenthaltsraum   im   Klauswärterhaus   wurde   ebenfalls   neu   gestaltet   und   mit Tischen, Bänken und Kästen ausgestattet, die von unseren Forstfacharbeitern hergestellt wurden.
dMP:   "Das   Klauswärterhaus   dient   heute   als   Stützpunkt   für   die   neu   ins   Leben   gerufene   „Waldschule“   der Bundesforste" . Was kann man sich darunter vorstellen? Andrea   Kaltenegger:   Das   Klauswärterhaus   dient   als   Ausgangspunkt   und   Stützpunkt   für   unsere   Naturführungen rund   um   die   Chorinskyklause.   Im   Klauswärterhaus   befindet   sich   ein   neu   gestalteter   Aufenthaltsraum,   der   vor allem bei Schlechtwetter von den Führungsteilnehmern genutzt werden kann. dMP:   Denkmalgeschützte   Gebäude   im   Dornröschenschlaf   zu   belassen   –   schadet   das   der   Bausubstanz   auf Dauer nicht eher, als es Nutzen bringt? Was kann dagegen getan werden? Stefan   Gron:   Es   ist   wichtig,   dass   sich   Eigentümer   mit   ihren   Objekten   identifizieren   und   an   deren   Erhalt   Interesse besteht.   Wenn   ein   Gebäude   zu   eigenen   Wohnzwecken   oder   als   Geschäftslokal   genutzt   wird,   ist   man   selbst   daran interessiert,   dass   das   Dach   dicht   ist,   die   Fenster   in   Ordnung   sind   und   in   den   Räumlichkeiten   keine   Feuchtigkeit zu   Schäden   an   den   Wänden   führt.   Viele   Baudenkmale   sind   durch   ihre   traditionelle   Bauweise   und   die   verwen- deten,   reparaturfähigen   Materialien   nachhaltig   nutzbar   und   für   verschiedene   Funktionen   verwendbar.   Sie   haben sich   oft   über   Jahrhunderte   bewährt.   Die   aktive,   dem   Denkmal   angemessene   Nutzung   ist   also   von   Vorteil   für   den Weiterbestand historischer Bausubstanz und einem Leerstand daher in aller Regel vorzuziehen. dMP:   Ist   in   der   Beförderung   zur   Klause   auch   ein   Eintrittspreis   für   diese   enthalten,   bzw.   sollen   die   revitali- sierten Gebäude/ Objekte auch eine Einkunft lukrieren? Wie kalkuliert man diesbezüglich? Andrea   Kaltenegger:   Wir   sehen   unsere   Verantwortung   darin,   die   historische   Klause   für   zukünftige   Generationen zu   erhalten   und   sie   gleichzeitig   auch   der   Öffentlichkeit   zugänglich   zu   machen.   Grundsätzlich   kann   das Areal   der Chorinskyklause   von   jedem   kostenfrei   besucht   werden,   es   führt   ein   sehr   schöner   Rundwanderweg   bzw.   Radweg durch   das   Weißenbachtal   direkt   an   der   Klause   vorbei.   Wer   das   Innere   der   Klausanlage   bzw.   das   Klauswärterhaus besichtigen   möchte   und   etwas   über   die   Geschichte   der   Klause   sowie   die   umliegenden   Wälder   erfahren   möchte, kann dies im Rahmen einer Fachführung mit unseren Experten tun. dMP:   Zum   Schluss   noch   ganz   allgemein:      Kann   das   BdA   von   sich   aus   einschreiten   und   Besitzer   dazu   auffor- dern Sanierungsarbeiten vorzunehmen? Stefan   Gron:   Das   Denkmalschutzgesetz   gewährt   dem   Bundesdenkmalamt   einen   tiefen   Eingriff   in   Eigentums- rechte,   soweit   es   um   beabsichtigte   Veränderungen   handelt.   Das   Denkmalschutzgesetz   kennt   jedoch   kaum   eine Verpflichtung   für   Eigentümer,   aktiv   zur   Erhaltung   beizutragen.   Das   Gesetz   fordert   lediglich   die   Durchführung   von „unbedingt   notwendigen   Instandhaltungsmaßnahmen“,   die   „keine   oder   nur   geringe   Geldmittel“   (!)   erfordern.   Es ist   daher   unser   Ziel,   gemeinsam   mit   den   jeweiligen   Eigentümern   Lösungen   zu   entwickeln,   die   die   Erhaltung   des kulturellen Erbes sicherstellen und eine zeitgemäße, dem Denkmal angemessene Nutzung ermöglichen. dMP: Danke für das Interview! -  
Hier ein anderes, eher negatives Beispiel von Denkmalschutz: Der Bahnhof von Neuberg an der Mürz. Was hier geschieht, kann höchstens als Stückwerk bezeichnet werden. Lediglich 3 Wochen Nutzung (das sind 6% des Jahres) im Jahr, ansonsten ist das Gebäude durch zerbrochene Fenster der Witterung und dem  Verfall ausgesetzt. Foto: 6% des Gebäudes, um die „Nutzung“ darzustellen, Fotocredit: der MÜRZPANTHER
Ein ambitioniertes Vorhaben von privater Seite möchte das Bahnhofsgebäude wieder revitalisieren und der Öffentlichkeit das ganze Jahr über als italienische Bar zugänglich machen - gäbe es nicht Widerstand gegen diese Nutzung. Von dieser Initiative des Dagegenseins kommt Fürsprache nur für den Verbleib des status quo: Kaum Veranstaltungen und keine Möglichkeit für die Allgemeinheit, dieses Kulturgut ganzjährig nutzen zu können. Dieses Verhindern ist sicher nicht im Sinne der Einwohner Neubergs und des Erhalts. Foto: der MÜRZPANTHER
Die österreichischen Bundesforste zeigen es vor: es kann eine neue, zeitgemäße und moderne Nutzung für denkmalgeschützte Gebäude geben. Hier die Chorinskyklause und das Klauswärterhaus, das mit viel Umsicht revitalisiert wurde. Foto: ÖBf/W. Lienbacher