der muerzpanther
DER MÜRZPANTHER IN VILLACH Themenausstellungen   bergen   von   vornherein   immer   etwas   Interessantes   in   sich.   Denn   assoziativ   arbeiten   und gestalten   zu   können   kann   ganz   schnell   kreativ   werden.   Das   ist   dem   Kuratorenteam   rund   um   Museumsdirektor Dr.   Andreas   Kuchler   eindrucksvoll   mit   der   Sonderausstellung   GLÜCK   in   Villach   gelungen.   Lebendig   und   über- raschend   verbinden   sich   Gegenstände,   Gedanken   und   Eindrücke   zu   dem   Gefühl,   das   titelgebend   ist.   Dabei   wird neben   dem   wohldosierten   Bezug   zur   Stadt   mit   seiner   Geschichte,   den   Bräuchen   und   der   (Villach   immer nachgesagten)   Lebensfreude   immer   auch   humorvoll   Gegenständliches   und   Greifbares   eingearbeitet.   Glück   ist ein    enorm    breites    und    großes    Thema,    das    emotional    sehr    aufgeladen    ist.    Das    Kuratieren    einer    solchen Ausstellung ist immer auch die Kunst des Weglassens. “ sagt Mag. Dr. Andreas Kuchler. Erfreuen   kann   sich   der   Besucher   auf   500   Quadratmetern,   in   sieben   Räumen,   im   Keller   und   einem   eigens angelegten   Lustgarten   in   dem   denkmalgeschützten   400   Jahre   alten   Bürgerhaus   -   alleine   dieses   ist   schon   einen Besuch   wert!   -   an   den   sorgfältig   ausgewählten Ausstellungsobjekten,   effektvoll   in   Szene   gesetzt,   und   für   Kinder und   Erwachsene   gleichwertig   erlebbar   gemacht.   Ignorieren   Sie   getrost   einfach   das   Getschentsche   der   Kleinen, die   als   Attribut   für   ihr   Umfeld   leider   nur   mehr   zwei   Adjektive   kennen:   langweilig    und   cool .   Ersteres   ist   diese Ausstellung   jedenfalls   nicht!   Der   MÜRZPANTHER   berichtet   aus   dem   nahen   und   freundschaftlich   verbundenen Kärntnerland …
Die   Raffinesse   der   Ausstellung   besteht   auch   darin,   dass   sich   jeder   persönlich   wiederfinden   kann.   Denn   die Gliederung   in   10   größere   Abteilungen   -   von   Glück   und   Geschichte   bis   hin   zu   Glück   und   Gelächter   -   lässt   kaum einen Aspekt   aus,   der   zu   diesem Themenbereich   gehört.   Sei   es   Kulinarik,   Glauben   oder   Beziehung.   Dabei   werden die   einzelnen   Gruppen   mit   teils   so   einfachen   wie   berührenden   Schaustücken   dargelegt,   beispielsweise   dem ersten   brieflichen   Kontakt   als   Liebesbeweis   eines   Paares   in   den   1950er   Jahren,   dessen   Liebe   auf   den   ersten   Blick in   der   Ehe   mündete.   Bei   den   Glücksthemen   Liebe,   Sexualität   und   Partnerschaft   stellen   wir   mit   originalen historischen   Liebesbriefen   aus   den   1950er   Jahren   einen   realen   Kontext   zur   Zeitgeschichte   her. “   sagt   dazu   Dr. Andreas   Kuchler.   Genau   darin   liegt   der   Reiz   der   Ausstellung:   Etwas   scheinbar   Alltägliches   führt   dem   Besucher sein ganz persönliches Glück vor Augen. Aber   auch   den   genauen   Gegensatz:   Was   nämlich   nicht   glücklich   macht.   Historische   Werbebotschaften   zeigen plakativ,   wie   die   menschliche   Selbstoptimierung   seit   über   100   Jahren   wirkungsvoll   durch   Heilsversprechen inszeniert   wird.   Dass   nämlich   das   schnelle   Glück   leicht   kaufbar   ist,   zeigt   ein   prall   gefüllter   Einkaufswagen   mit Glücksartikeln … und damit lediglich zur Ware wird! Überraschende   Momente   gibt   es   zuhauf,   vom Anfang   der Ausstellung   bis   in   den   Keller:   Was   haben   drei   Kanonen- kugeln   mit   einer   Eisenbahnerkappe   und   einer   Wafer-Scheibe   von   Infineon   gemein?   Sie   stehen   für   das   Glück Villachs   in   den   unterschiedlichen   Epochen:   dass   die   Stadtmauer   nie   durch   Feindeinwirkung   zerstört   wurde,   für Villachs   Aufschwung    durch    die    Erschließung    mit    der    Eisenbahn    ab    1864    und    für    die    jüngste,    erfolgreiche Entwicklung   der   Stadt   als   Hightech-Standort.   Um   es   zu   präzisieren:   Kanonenkugeln   in   einer Ausstellung   über   das Mittelalter,   ein   Eisenbahnkappe   über   die   Monarchie   oder   die   Wafer-Platte   in   einer   Hightech   Ausstellung   wären wahrscheinlich   -   „langweilig“.   Aber   in   diesen   Kontext   gestellt   finden   die   Objekte   den   Überraschungsmoment, begleitet durch schlüssige Texte, der die Ausstellung spannend und damit äußerst kurzweilig macht!
NACH OBEN NACH OBEN
Es   bedarf   nicht   viel,   sich   auf   die   verschiedenen   Themengruppen   einzulassen.   Werden   bei   dem   Einen   oder Anderen   Erinnerungen   wach,   wenn   Dopamin   durch   gewisse   Pflanzeninhaltsstoffe   wie   LSD,   aus   Mohn   gewonnen, freigesetzt   wird,   erzeugt   ein   sportliches   Abenteuer   dieselben   Effekte   im   Gehirn   und   damit   ein   Glücksgefühl. Daneben   ein   Kramperl,   der   durch   ein   Mohnfeld   läuft   -   als Allegorie   des   Bösen. Als Allegorie   der Abhängigkeit   und des Verderbens. So nahe liegen Rausch und Sport, Glück und Unglück beieinander. Ein   Raum   vorher   geht   die   ganze   Sache   mit   dem   Glück   etwas   ruhiger   an:   Glückwünsche   zum   Jahreswechsel, Dreikönigssingen   und   alte   Heischebräuche   aus   Kärnten   zeigen,   wie   vielfältig   Glück   in   der   Historie   des   Villacher Raumes   traditionell   gelebt   wurde   und   wird.   Beim   Interview   mit   Gott   können   Besucher   Fragen   an   Gott   stellen, die   von   anderen   Besuchern   anonym   beantwortet   werden.   Denn   jeder   und   jede   –   so   heißt   es   –   trägt   ja   den göttlichen   Funken   in   sich   und   kann   sich   ausprobieren,   die   großen   und   kleinen   Fragen   der   Menschheit   zu beantworten.   Überhaupt   kann   man   sich   fast   durchgehend   selbst   betätigen   und   einbringen.   Für   das   häusliche Glück   kann   ich   Ihnen   dazu   auch   einen   Tipp   geben:   Meiden   Sie   in   diesem   Raum   den   Hut   für   die   Neujahrswünsche links   unten!   Er   gratuliert   zu   Nachwuchs.   Das   könnte   zu   Hause   etwas   schwierig   werden   und   zu   Erklärungsbedarf führen … Wunderschön   zeigt   sich   der   Lustgarten,   etwas   verrückt   mutet   das   Video   der   Lachyoga-Trainerin,   Opernsängerin und   Präsidentin   des   1.   Österreichischen   Lachclubs,   Martina   Zahn,   an.   Sehenswert.   VIEL   LACH   nehme   ich   gerne mit   und   ertappe   mich   beim   Verlassen   des   Stadtmuseums   dabei,   über   mich   selbst   zu   lachen   und   eine   kleine   Dosis Glück   zu   verspüren.   Diese   steigere   ich   noch   durch   den   Kauf   von   Marc   de   Champagne   Trüffeln   in   der   nahege- legenen   Konditorei.   Raffiniert   wie   Kultur   wirkt!   Bis   3.   November   mit   einem   begleitenden   Sommerprogramm   bis Ende August.
Glück hat sehr viele Facetten, in jedem Alter. Sich dessen bewusst zu sein ist schön, sich das bewusst zu machen, ebenfalls. Bis 3. November noch im Stadtmuseum in Villach. Fotocredit: © Museum Villach, Martin Hofmann
Der wunderschöne Innenhof des denkmalgeschützten Gebäudes samt eigens für diese Ausstellung angelegten Lustgarten laden zum Verweilen ein. Zwischendurch oder zum Abschluss der sehenswerten Ausstellung „Glück“. Fotocredit: der MÜRZPANTHER
Die netteste Idee der Ausstellung (für den Redakteur) ist das „Interview mit Gott“: Auf der linken Seite des Zettels können Sie schriftlich eine Frage formulieren („Was du Gott schon immer fragen wolltest“), dann dieses auf eine Pinnwand hängen und darauf warten, dass ein anderer Besucher die Antwort gibt („Was antwortest du, wenn du Gott wärst?“). Allerdings kann man sich des Eindrucks nicht erwähren, dass sich die meisten die Fragen selbst beantworten - auch das macht glücklich! Im Bild können Sie andere Objekte auch erkennen, die beglücken. Für den Einen ist es das Smartphone, für hoffentlich noch viele andere sind es Bücher. Oder die Natur, oder die Kulinarik - mit Rezepten aus dem Mittelalter, die es in der Ausstellung auch zum Mitnehmen und Nachkochen gibt. Fotocredit: der MÜRZPANTHER