der muerzpanther
WAS KANN MAN MIT 25MIO€ KAPUTT MACHEN? EINE GEGEND! Offenbar   unter   diesem   Motto   bestreitet   das   Salzkammergut   die   Vorbereitungen   für   das Kulturjahr   2024.   Die   künstlerische   Geschäftsführung   hat   Elisabeth   Schweeger   inne   –   in   Wien geboren.   Die   knapp   100   „bereits   verabredeten   Projekte“   des   Programmes   im   Salzkam- mergut   kann   man   im   Leitfaden   Auf   dem   Weg   zur   Kulturhauptstadt   Europas   Bad   Ischl Salzkammergut 2024  nachlesen. Ok,   dieses   Spiel   kennt   man “   sagt   Jörg   Hoffmann   in   einem   Interview   über   die   Organisation und   verspätete   öffentliche   Ausschreibung   seitens   des   Teams   der   Kulturhauptstadt   für   ein neues   Logo   als   Beispiel   ihrer   Vorgehensart.   Zwei   Monate   davor   ist   nämlich   bereits   eine Logomarke   am   Patentamt   eingetragen   worden   …   Diese   und   viele   andere   Gründe   führten dazu,   die   Alternative   24    als   Veränderung   des   Kulturbegriffes   durch   die   Einheimischen   in`s Leben   zu   rufen,   so   Jörg   Hoffmann,   Grafikdesigner   aus   Gosau.   Der   Zweck   der   Initiative   ist eine   Plattform   aus   Kreativen,   die   in   Konkurrenz   zum   offiziellen   Programm   tritt.   Warum? Die    Bevölkerung    wird    nicht    mitgenommen “    meint    er    dazu    und    verfolgt    den   Ansatz, Gegebenes und Vorhandenes zeitgemäß zu interpretieren. Ein guter Ansatz.
 NACH OBEN NACH OBEN
Im Zentrum des Geschehens steht in Verbindung mit Operetten auch Bad Ischl. Im Jahre 2024 wird die Promenade nicht menschenleer sein … Foto: der MÜRZPANTHER
Und   es   wäre   nicht   Altaussee   im   Salzkammergut,   wenn   nicht   Hannes   Androsch   auch   seine Finger   im   Spiel   hätte.   Dieser   fiel   vor   allem   durch   seinen   Rückzug   aus   dem   offiziellen   Kultur- komitee   und   daraus   seinerseits   resultierender   heftiger   Kritik   auf.   Er   bezeichnete   das   Ko- mitee   als   „behübschende   Werbemaßnahme“   und   bekritelte,   dass   das   Programm   von   wenig Verständnis   für   die   Region   zeuge   und   „global-exotisch“   sei.   Was   eigentlich   ganz   lustig   am Vorwurf   des   geringen   Verständnis   ist:   Das   von Androsch   finanzierte   Vivamayr   Health   Center hat in den Augen vieler das Ortsbild von Altaussee komplett verschandelt und zerstört. Wie   im   Großen   so   im   Kleinen.   Auch   in   Neuberg   an   der   Mürz   konnte   man   über   die   Jahre   die Umsetzung   eines   Kulturprojektes   verfolgen.   Mit   hehren   Ideen   wollte   das   Neuberg   College (zusammengewürfelt   aus Teilnehmern   zwischen   Vorarlberg   bis   Wien   und   darüber   hinaus)   mit Kunstaktionen    und    Sprache/Gedanken    am    ehemaligen    Bahnhof    die    Bevölkerung    mit einbinden    –    da    diese    Ein-    und    Verbindung    so    wichtig    auch    für    das    Verständnis,    das „Miteinander“   und   die Akzeptanz   sei.   Der   Erfolg   war   so   gut   wie   nicht   gegeben,   denn   es   lässt sich   „Kultur“,   die   vorgefasst   projektiert   ist,   nicht   einfach   auf   eine   Region   oder   Menschen übertragen.    Da    nicht    und    dort    nicht.    Natürlich    kann    argumentiert    werden,    dass    die Einheimischen   zu   „traditionell“   denken,   oder   „Angst   vor   dem   Neuen“   haben   …   Es   darf   und muss nachhaltig ignoriert werden, dass diese Kunst oder Darstellung einfach nicht gefällt. Die   Kulturmanagerin   für   die   Kulturhauptstadt   2024   als   Stein   der   Weis*innen   geht   natürlich gleich    einen    Schritt    weiter    und    bedient    unwidersprechbare   Argumente,    womit    sie    das Ungleichgewicht   von   inländischen   und   ausländischen   Künstlern   begründet:   „   Wir   achten   also auf    die    Balance     (zwischen    einheimischen    und    anderen    Künstlern).     Was    ist    also    die Diskussion?   Haben   wir   jetzt Angst   vor   dem   Fremden? “   (Anm.: Aus   dem   Presse   Interview   vom 10.   Februar   2023)   Eine   Wienerin   kommt   mit   gefördertem   Geld   in`s Ausseer   Land   und   wirft   weil   sie   auf   Widerstand   trifft   –   postwendend   den   Einheimischen   Fremdenangst   und   indirekt Fremdenfeindlichkeit vor. Das ist wirklich viel Geld wert … Auch   die   Idee   auf   zwölf   leerstehenden   Bahnhöfen   Kunstzentren   einzurichten   erregt   bei   mir höchstens   noch   ein   Heiterkeitsgefühl   –   siehe   oben.   Und   genauso   wie   der   Verein   in   Neuberg an   der   Mürz   über   gestalterische   Elemente   (natürlich   neu   und   bahnbrechend)   den   Ort   mit   bis dato    unentdeckten    und    neu    einzurichtenden    „Begegnungszonen“    für    die    Einheimischen erschliessen   und   endlich   Kommunikation   in   der   Bevölkerung   ermöglichen   wollte   (gibt   es   aus Mangel    an    Plätzen    und    Gelegenheiten    bis    heute    offenbar    nicht)    äußert    sich    die Kulturmanagerin   folgendermaßen:   Da   kann   ein   soziales   Netz   entstehen,   mit   Kontakten zwischen   den   23   Gemeinden.   Die   sind   ja   sehr   unterschiedlich   und   eigenwillig .“   Gut,   dass die   Bürgermeister   es   jetzt   endlich   wissen!   Sehr   durchdacht   war   die   Planung   der   Begeg- nungszonen   in   Neuberg   an   der   Mürz   allerdings   nicht:   es   wurde   gänzlich   das   großzügige Platzangebot   im   Stift   des   Münsters   (hat   mit   der   katholischen   Kirche   zu   tun)   vergessen   - einer   „der“   Treffpunkte   und   Veranstaltungsorte   der   Marktgemeinde.   Das   Vergessen   darauf ist wahrscheinlich der politischen Ausrichtung geschuldet.
Neben dem Loser ist der dominierende und von weit her sichtbare Berg im Salzkammergut der Dachstein. Foto: der MÜRZPANTHER
Die   angesprochene   Ausrichtung   ist   auch   an   den   Projekten   ablesbar   –   dazu   ein   paar   Begriffe und   Keywords,   die   keinesfalls   im   subventionierten   Kulturgeschehen   fehlen   dürfen   -   aus   der Projektbeschreibung: -  Klimakonferenz der anderen Art - NS-Zeit Versteck und Einlagerungsstätte -   Bad   Ischl   trägt   ein   imperiales,   mitunter   schweres   Erbe,   dessen   Schleier   gehoben   werden muss. - Wie sieht die Erinnerungskultur aus? - Was bedeutet Menschsein? Was hat die NS-Zeit mit uns und der Welt heute zu tun? -    Ziel    des    Projekts    ist    es,    Diversität    in    der    Region    zu    fördern,    beeinträchtigte Gesellschaftsgruppen in den Mittelpunkt zu rücken und  … - Eingereichte Werke (Prosa oder lyrische Prosa) zum Thema „nah und fern“ -   Eine   neue   Sicht   auf   Gewohntes   und   vermeintlich   Stabiles   soll   weniger   als   Provokation denn als Erweiterung der Wahrnehmung durch sinnliches Tun am Vertrauten erlebt werden. -   Lokale   Begegnungen   und   Erfahrungsräume   speisen   eine   theatral-szenische   "Erprobung" und das Miteinander wird großgeschrieben.  Lassen    Sie    sich    nicht    täuschen:    Dieses    Programm    bedient    so    ziemlich    alles,    was    die Menschen   der   Gegend   interessiert   und   was   endlich   aufgedeckt   werden   muss   und   wirklich! noch    nie    thematisiert    wurde.    Diese    Herangehensweise,    die    mit    Feingefühl    die    Gegend charakterisiert   und   spiegelt,   könnte   nirgendwo   anders   so   überzeugend   funktionieren.   Für solch   einen   neuen   und   erfrischenden   künstlerischen   Zugang   -   aus   Wiener   Sicht   feinfühlig inszeniert   -   der   großartige   Erfahrungen   ermöglichen   wird   sind   25Mio   €   eh   noch   recht   dürftig! Waren die letzten Sätze sarkastisch? Nein!!! Wie alt aber kann ein Kulturprogramm noch daherkommen, fragt man sich schon ...
Über    den    Zauber    der    Landschaften braucht   man   im   Salzkammergut   kein Wort   zu   verlieren.   Hier   ein   Bild   vom Attersee.   Foto: der MÜRZPANTHER
Im   Salzkammergut   wird   auch   –   wichtig!   -   von   Entschleunigung   gesprochen.   Als   müsste   das überhaupt   gesagt   werden.   Das   Gegenteil   wird   aber   der   Fall   sein   –   gegen   die   Beteuerungen der    Eventverantwortlichen:    schneller    und    oberflächlicher    Konsum    von    „internationaler Kunst“   ohne   Verständnis   oder   Gefühl,   dass   diese   Region   von   ganz   anderen   –   währenden   Werten lebt. Das   Salzkammergut   kann   man   nicht   verbessern,   nicht   interessanter   oder   schöner   machen, was   es   zu   bieten   hat   muss   auch   nicht   erst   in   Worte   gekleidet   und   in   kleinen   oder   großen Dosen   dem   international   anstürmenden   Publikum   verkauft   werden.   Ganz   im   Gegenteil: Dieser   Billigtourismus   (und   damit   meine   ich   nicht,   dass   nicht   viel   Geld   ausgegeben   wird) stört   und   zerstört   jede   Gegend   der   Welt.   Am   Ende   wird   es   so   sein,   wie   in   Neuberg:   Die Kulturmanagerin   wird   wieder   nach   Wien   fahren   und   was   bleibt   ist   nicht   ein   ablehnendes Gefühl   gegenüber   Neuem,   sondern   dass   diese   Art   von   Kunst   oder   Darstellung   einfach   nicht gefällt. Und damit überflüssig ist!